Hauptstadt U-Bahn

Es ist etwa drei Uhr am morgen, der Höhepunkt des Wochenendes, und ich bin auf dem Weg nach einem Umtrunk nach Hause. Ich saß in der Berliner U-Bahn Linie Eins.
Der U-Bahn Waggon war voll mit entspannten Fahrgästen, die meisten waren Jung und noch in Feierlaune. Ganz vorne stand ein Mann und sang, er hatte eine sanfte Stimme, spielte jedoch schlecht auf einer verstimmten, halb zerfallenen Gitarre. Vor ihm saßen zwei Männer und eine Frau, alsbald er mit dem Singen anfing, hatten sie alle ihre Kopfhörer aufgesetzt, als gehörten sie einer choreografischen Mannschaft.
In der Mitte des Waggon saß eine Gruppe Jugendlichen, sie plauderten laut und fröhlich. Ich saß im hinteren Teil des Waggons und tippte an meinem Handy rum. Ich schrieb dir einen langen Text, traute mich aber nicht die Nachricht zu schicken, und begrenzte meine Sehnsucht mit dem glotzen auf deine Fotos, die noch in meinem Handy gespeichert waren.
Links von mir standen zwei junge Frauen und ein junger Mann vor der Tür und sprachen auf englisch über Politik. Der Junge versuchte den Frauen mit einem deutschen Akzent zu erklären, wie schlimm die Weltlage momentan sei, und wie dumm es sei einen unberechenbaren Präsidenten, wie Trump, zu wählen, und dass sich seine Frieden Lügen langsam zeigten, als er eine Militärbasis der syrischen Armee mit 59 Raketen bombardierte.
Die Frauen waren nicht ganz an das Thema interessiert, waren aber zu höflich um das Gespräch zu beenden oder das Thema zu wechseln. Vor mir saß ein anderer junger Mann und las ein Buch von Hermann Hesse, er konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Ich glaube er konnte sich auf das Lesen nicht mehr konzentrieren und belauschte die drei mit künstlich gedimmter Aufmerksamkeit.
Irgendwann fragte ihn ein der Mädchen, warum er lache. Er stand auf und entschuldigte sich und sprach auf Englisch: “Es ist lustig, sehr lustig sogar, solch ein Thema in solch einem Ort und in solch einer Uhrzeit zu diskutieren.”
“Sage doch mal etwas dazu, was hältst du von Trump und allen, die ihn gewählt haben?”, frage ihn der junge Mann.
“Ich finde es gut, dass die Rechten und die Nationalisten bzw. Patrioten, wie sie sich nennen, jetzt an die Macht kommen, vor allem weil sie noch nicht bereit sind zu regieren und sich überhaupt keinen Plan gemacht haben, außer an die Macht zu kommen. Sie werden sich blamieren, sie werden nichts taugen und irgendwann ist die Idee wieder für eine lange lange Zeit verstorben.”, antwortete er.
“Nein, nicht auch du!”, demonstrierte der junge Mann. “Es ist doch absurd, wer da gewählt wurde, er wird Amerika kaputt machen!”
“Schön, du denkst, es wäre nur die Amerikaner’s Schuld, nicht wahr? Nein mein lieber, er wird nicht nur die US of A kaputt machen, sondern die ganze Welt, es ist nicht die Schuld der Amerikaner, ihn gewählt zu haben, es ist unsere Schuld, die der ganzen Welt, wir haben die Möglichkeit geschmückt und sie auf einem silbernen Tablett serviert, dass der Demagoge demokratisch an die Macht kommt, um die Demokratie abzuschaffen, ganz einfach unsere Schuld, du, ich und die beiden da und alle. Aber keine Sorge, alles geht irgendwann runter, das Schiff wird sinken und wir alle werden ertrinken und wir werden vergessen, als wären wir nie etwas gewesen.”  
Alle standen da eine Weile sprachlos und verblüfft, bis die U-Bahn Ansage “Bitte alle aussteigen!” verkündete. Er stand vor der Tür und wünschte allen einen angenehmen Abend und verschwand plötzlich, als stieg er auf sein unsichtbares Pferd und davon galoppiere.

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