Das Hamsterrad
Ich sehe, wie mein deprimierter Hamster sachte aus seinem Haus herausgeht. Das freut mich ein wenig. Er schaut mich mit halbgeschlossenen traurigen Augen an, als hätte ich einige weise Antworten auf sein Dilemma. Seine Frau hat sich in einen Hasen verliebt und ist mit ihm vor einem Monat abgehauen.
“Nager, ich habe dasselbe Problem, auch meine Frau verließ mich!”, denke ich mir.
“Ja, aber zumindest für einen Artgenossen, nicht einen scheiß Hasen!”, denkt sich der Hamster.
“Tja, dein Problem.”, denke ich mir.
Ich liege auf dem Sofa, auf meiner rechten Seite, ich fühle meinen rechten Arm seit einer Weile schon nicht mehr; alsbald rutscht mir die Fernbedienung weg, meine Lustlosigkeit flüstert mir: “ihr Problem.”
Ich verfluche mein Sofa aus meinem linken verspannten Augenwinkel, dass es zu kurz ist; nun sind auch meine Füße taub. Im Fernsehen läuft eine Bahn Sendung. Eine Art Dashcam klebt vermutlich vorne auf der Glasscheibe vor dem Lokführer und nimmt alles auf. Eisenschiene, die nie endet. Ich seufze.
Mein Hamster flüstert: “dein Problem!” und steigt in sein Hamsterrad ein. Er läuft lustlos darin und ich kann dabei seine Seufzer hören.
“Vielleicht hat er Asthma!”, denke ich mir.
“Ne ne, er ist nur fett.”, korrigiere ich meine Gedanken und fühle mich dadurch weniger besorgt. Ja er mag Depression haben, das ist nicht schlimm, Hauptsache er kann normal atmen.
Ich fühle mich jetzt auf einmal besser, wie ein guter Vater, der seine Vaterrolle perfektioniert hat.
Er schaut beim Laufen ab und zu zur Seite zu mir.
“Was für ein scheiß Leben er hat.”, denke ich mir; und denkt er sich.
“Ich würde mich an seiner Stelle umbringen oder weiß ich nicht… eine Revolution starten. Vielleicht auch nur schwimmen gehen.”
Ich stehe auf und gehe duschen, ich bin möglicherweise wieder einmal spät für die Arbeit, ironischer Gedanke.
Ich habe mich gerade beim Deutschsein erwischt, bis vor ein paar Minuten hatte ich Depressionen, trotzdem darf ich mich nicht verspäten. Das nennt man Teilzeit Depression.
Ich stürme mit meinem Liebeskummer im Herzen und meiner Depression in der Hosentasche voller Wucht aus meiner Bude und fliege die Treppe herunter. Ich haste auf die Straße Richtung Bus. Er verspätet sich.
Ich verliebe mich in die erste bildhübsche Frau mit Harry Potter Brille neben mir an der Haltestelle, mein Chef ruft mich an, ich gehe nicht ran. “Sein Problem”, denke ich mir.
Der Bus kommt an, die hübsche Frau steigt jedoch nicht ein… “Ihr Problem!”, denke ich mir.
Jóse der Beduine schickt mir eine Sprachnachricht: “Das Leben ist ein Hamsterrad, mein Kamerad! Ja unser Problem!”
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