Quitt

Ich sah dich in meinem Traum.
In deiner Wohnung liefst du hin und her, eine verletzte Löwin. Dein Handy in deiner Hand, du wolltest meine Nummer eintippen. Dein geschmeidiges rotes Haar wollte nicht hinter deinem Ohr bleiben, da wo du es immer wieder einsteckst, es fällt ständig herunter und sperrt dir deine Sicht, jetzt schluchztst du, du weißt auch nicht, ob es an deinem blöden Haar liegt oder dran, weil deine Augen wieder Mal jucken, da du die Kontaktlinsen lange daran hast oder auch weil du meine Nummer nicht mehr weißt. Die letzten vier Ziffer, was waren sie noch Mal?
Jetzt weinst du!
Wegen deines Haars und wegen meiner Nummer und wegen des unfairen Schicksals und wegen deines ermüdeten Herzens. Du schmeißt das Handy auf Bett und legst dich auf das Sofa, jetzt fließt alles aus dir heraus; die Erinnerungen, die Sehnsucht, der Zorn und die Müdigkeit, du willst zu mir, zu deinem sicheren Hafen, alle Piratenköniginen sind auf höher See, deine Anlegestelle ist noch frei. Du willst dein Schiff reparieren, du willst Essen und frisches Wasser tanken, du willst Fässer Rum.
Jetzt kannst du mich sogar riechen!
Da wo du gerade stehst, stand ich gestern. Ich schluchzte und weinte und schmiss mein Handy aufs Bett. Mein Zorn war, weil ich deine Nummer vergessen habe, und weil ich dich vermisse. Zwei Stunden danach kam ich mir albern vor. Du kommst auch bald hin, keine Sorge.
In sehr kurzer Zeit haben wir alles erlebt, was man in einem ganzen Leben erleben kann. Wir liebten und lachten und aßen und tranken und kackten und weinten und hassten und vergaben und vergassen. Wir taten uns gut und wir verletzten uns, wie kein anderer kann.
Du hast meine Atomwaffe gegen mich gerichtet, du hast so getan, als wäre nichts gewesen, ein verlogenes "hallo!", ein emotionsloses "wie geht's!"
Du wusstest, das würde ich nicht überleben.
Ich habe auch deine Atomwaffe gegen dich gerichtet, ich habe dich ignoriert und bin wortlos davon gegangen, ein verlogenes "ich will mit dir nicht mehr sprechen!"
Ein emotionsloses "lass mich in Ruhe!"
Ich wusste, das würdest Du nicht überleben.
Und so wie Gott die Welt gerecht erschaffen hat, waren wir zu einander gerecht.

Wir sind quitt.

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