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Es werden Posts vom August, 2019 angezeigt.

Herr Brown

An irgendeinem Montag im Jahre 1967. Der Ort ist ein Manhattener Wolkenkratzer. In der Lobby vor dem Fahrstuhl wartet Herr Robert L. Matterson, unter seinem linken Arm ist die heutige Ausgabe der Times: "Wir fahren zum Mond!" Die prahlend aufgeblasenen Kronleuchter hängen von der Decke hell herab wie tausend winzige Sonnen. Mit seiner rechten Hand hält er die Hand Grace Banks' fest, er grüßt jeden und grinst als hätte er heute Morgen zwei Millionen Dollar im Lotto gewonnen. Der Fahrstuhl kommt, die Tür geht auf, Männer in Anzügen und Krawatten steigen aus, alle grüßen sich gegenseitig mit leicht überzogenem Nicken oder mit kurzer Hebung des einzelnen Hutes. Neben dem Schalter im Fahrstuhl steht Jeremiah Charley Brown. Er grüßt Herrn Matterson. "Herr Matterson! Guten Morgen." "Bobby! Nur Bobby, Jeremy! Wir haben darüber gesprochen, oder?" Jeremiah nickt leicht lächelnd. "Hier, das ist meine Freundin Grace. ...

Coração do Porto

Blaue Mosaik Glückliche Tiere auf Wänden Menschen in Gewinden Runde Brille und versteckte Augen Ein Lächeln Ein Grinsen Eine nüchterne Träne Und leckere Melodie auf der Zunge Lange Schlange vorm Buchladen Keiner kauft ein Buch Ein Gewimmel vor der Kathedrale Keiner betet Keiner holt das Tuch Ein schläfriger Rabelo Eine aufgeregte Möve Kleine Gassen Winzige Balkone Greiser Glanz Unterm modernen Staub Und eine Dose Sardinen In Café D'ouro spitzelt keiner mehr Der Diktator ist tot Die Angst duftet jedoch wie gestern Der Kaffee auch Da wo wir saßen Sitzen jetzt zwei andere Sie küssen sich Danach münden sie in den Ozean

Quitt

Ich sah dich in meinem Traum. In deiner Wohnung liefst du hin und her, eine verletzte Löwin. Dein Handy in deiner Hand, du wolltest meine Nummer eintippen. Dein geschmeidiges rotes Haar wollte nicht hinter deinem Ohr bleiben, da wo du es immer wieder einsteckst, es fällt ständig herunter und sperrt dir deine Sicht, jetzt schluchztst du, du weißt auch nicht, ob es an deinem blöden Haar liegt oder dran, weil deine Augen wieder Mal jucken, da du die Kontaktlinsen lange daran hast oder auch weil du meine Nummer nicht mehr weißt. Die letzten vier Ziffer, was waren sie noch Mal? Jetzt weinst du! Wegen deines Haars und wegen meiner Nummer und wegen des unfairen Schicksals und wegen deines ermüdeten Herzens. Du schmeißt das Handy auf Bett und legst dich auf das Sofa, jetzt fließt alles aus dir heraus; die Erinnerungen, die Sehnsucht, der Zorn und die Müdigkeit, du willst zu mir, zu deinem sicheren Hafen, alle Piratenköniginen sind auf h...

Der Ruf des toten Vogels

Immer wenn er da ist, schaut er mich skeptisch an. Für ihn mache ich nie etwas richtig. Er sitzt, oder auch steht, man weiß es nicht genau, immer links von mir zur Seite und schreit drei mal. Es sind kurze und tiefe Läuten, als würde er "hey, nicht so!" meinen. Und immer wenn ich dann zu ihm schaue, den Kinn nach oben fragend, "Wat denn?" "Chill mal!", schreit er. Der wild braune Uhu ist ruhig, er taucht zuweilen auf, sagt seinen Satz und verschwindet auch schnell danach. Zuweilen beobachtet er mich tagelang ohne etwas zu sagen, er schaut hin mit seinen fürchterlichen rotorangen Augen als würde es ihn belustigen, mich zu verunsichern. Dann vergehen Wochen und Monate ohne ihn. Er tut mir nichts, ich mag ihn trotzdem nicht, seine Anwesenheit ist schwerwiegend, sie drückt auf meine Brust als wäre ich Zweihundert Meter in die Atlantik abgetaucht. ich traue ihm nicht; er schaut mich ständig vorwurfsvoll mit seinen Schlitzaugen an, ich habe das ...

Am Horizont

Unendlich ist die Linie Das eine Blau und das andere Die Sonne zieht sich um Der Mond ist sie nun Der Himmel zieht sich um Das Wasser ist er nun Das eine Schwarz und das andere Gott sitzt am Webstuhl Schaut und spricht Und die Erde dreht Und ich schaue Und ich spreche Und ich verstehe